Start für interkommunales Leuchtturmprojekt zur Phosphorrückgewinnung


P-XTRACT heißt das Projekt, das auf einer neuen Technologie beruht, die wertvollen Phosphor mit einem speziellen Verfahren aus dem Klärschlamm extrahiert und so einen optimalen Phosphor-Kreislauf ermöglichen soll. Das rund 10 Millionen teure Projekt, das mit 4,25 Mio Euro aus europäischen EFRE-Mitteln sowie aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg gefördert wird, stößt bereits jetzt bundesweit auf großes Interesse. Sollte sich das Verfahren bewähren, dann könnten damit  alleine in Deutschland rund 50 Prozent des gesamten Phosphorbedarfs, vor allem in der Landwirtschaft, durch Klärschlamm gedeckt werden.

Phosphor ist ein lebenswichtiger Inhaltsstoff der Nahrung und gleichzeitig eine Chemikalie, die vor allem als Düngemittel eingesetzt wird, aber beispielsweise auch in Reinigungsmitteln und Kosmetikprodukten. Der Stoff wird heute überwiegend aus Phosphatgestein gewonnen, das bislang vollständig aus wenigen Lieferländern, wie beispielsweise China und Marokko, importiert werden muss. Diese Ressourcen sind jedoch begrenzt und werden sich in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des steigenden Bedarfs an Phosphor erschöpfen. Damit gewinnt das Recycling von Phosphor aus Abfallströmen immer mehr an Bedeutung. Klärschlamm ist ein solcher Abfallstrom, der heute in der Regel verbrannt wird, ohne dass der darin enthaltene Phosphor zurückgewonnen wird, denn dieser enthält auch umwelt- und gesundheitsgefährdende Schadstoffe.

Dass man sich hier auf ein zukunftsweisendes Projekt einstellt, zeigte auch die Anwesenheit von Vertretern des Landesumweltministeriums, des Landratsamtes sowie der Verbandsmitglieder des AZV Staufener Bucht und der Vertreter der beteiligten Kläranlagen, die sich letzte Woche auf Einladung des AZV vor Ort von den Projektpartnern über das Verfahren informieren ließen. Der Verbandsvorsitzende Volker Kieber sprach denn auch von einem wichtigen Schritt in die Zukunft in den Bereichen Energiewende und Kreislaufwirtschaft. Schließlich gelte es bei diesem Projekt nicht nur pflanzenverfügbare Phosphoraschen zu produzieren, sondern auch darum, größtmögliche Flexibilität durch dezentrale Strukturen zu schaffen und gleichzeitig einen Beitrag für eine gesicherte regionale Klärschlammverwertung zu leisten mit insgesamt geringerem Transportaufkommen, als dies bisher der Fall sei. Mit der im Prozess entstehenden Wärme soll zudem Strom erzeugt werden, der es ermöglichen werde, die Energiebilanz der Gesamtkläranlage nahezu neutral zu halten, so Volker Kieber. Für den Verbandsvorsitzenden ist das Projekt ein Leuchtturm in der interkommunalen Zusammenarbeit, von dem viele profitieren. Nicht nur, weil es den beteiligten Kläranlagen eine zukunftssichere Klärschlammverwertung sichere, sondern auch weil sich die Kosten dafür, nicht zuletzt durch die Förderung von EU und Land, stabilisierend auf die Abwassergebühren auswirken würden. Er dankte dem Land Baden-Württemberg für das Vertrauen in dieses Projekt und die damit verbundene finanzielle Unterstützung.

Michael Hacker, Geschäftsführer des AZV, freut sich, dass das lange geplante Projekt nun endlich in die Umsetzung gehen kann. Er berichtet von der positiven Resonanz, die das Projekt bisher bereits erfahren habe, sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung und vor allem in der Wissenschaft und Forschung. Dabei seien es vor allem die jungen Menschen in der wissenschaftlichen Begleitung, die das Potenzial des Projektes gerade in Bezug auf die notwendige Energiewende erkennen und das Projekt mit großem Interesse und Engagement begleiten würden.

Das P-XTRACT-Projekt wird gemeinsam mit der in Emmendingen ansässigen Wehrle-Werk AG durchgeführt. Das Unternehmen gilt als Spezialist für Anlagen und Komponenten im Bereich Energie- und Umwelttechnik. Bei der in Grezhausen zu errichtenden Anlage handelt es sich um eine modifizierte Wirbelschichtverbrennungsanlage, bei der Schwermetalle von der phosphorhaltigen Asche abgetrennt werden und diese durch Zugabe von Additiven pflanzenverfügbarer hergestellt werden kann als dies bei konventionellen Klärschlammverbrennungsanlagen bisher der Fall ist. Dabei wird auch eine möglichst effiziente Nutzung der Dampfproduktion angestrebt: Wesentliche Anteile werden zunächst zur Stromerzeugung genutzt und Abwärmen anschließend der Klärschlammtrocknung zugeführt, sodass möglichst viel Primärenergie zum Betrieb des Prozesses eingespart werden kann. Wissenschaftlich flankiert von der Universität Freiburg und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) in Stuttgart werden im P-XTRACT-Projekt die Analysen und Laborversuche direkt in einen skalierbaren technischen Anlagenmaßstab überführt und weitere Schritte zur Nutzung der Aschen in der Landwirtschaft untersucht.

Der Abwasserzweckverband Staufener Bucht

Der AZV Staufener Bucht betreibt am Standort Breisach-Grezhausen eine Kläranlage zur Reinigung der kommunalen Abwässer der Mitgliedskommunen: Bad Krozingen, Bollschweil, Breisach, Ehrenkirchen, Eschbach, Freiburg (OT Munzingen), Gewerbepark Breisgau, Hartheim, Heitersheim (OT Gallenweiler), Merdingen, Münstertal, Schallstadt (OT Mengen), Sölden, Stauden, Wittnau. Größtes Mitglied ist Bad Krozingen mit fast 40 % Anteil. Bad Krozingen stellt mit Bürgermeister Volker Kieber auch den Verbandsvorsitzenden. Seine Stellvertreter sind Bürgermeister Oliver Rein (Stadt Breisach) und Bürgermeister Michael Benitz (Stadt Staufen). Der AZV ist darüber hinaus Teil der Klärschlammverwertungsgemeinschaft Neuenburg - Breisach, die sich aus folgenden Partnern zusammensetzt (Süden nach Norden): Gemeinde Bad Bellingen, Kläranlage (KA) Bad Bellingen, 15.000 EW AZV Hohlebachtal, KA Steinenstadt, 16.300 EW AZV Weilertal, KA Neuenburg, 62.500 EW AV Sulzbach, KA Grißheim, 40.000 EW AZV Staufener Bucht, KA Breisach Grezhausen, 114.000 EW Stadt Breisach, KA Breisach, 81.000 EW Stadt Vogtsburg, KA Burkheim, 18.000 EW